Verantwortung für Ergebnisse erfordert die Übernahme von Führungsrollen in Krankenhäusern durch medizinisches Fachpersonal
Der Ruf nach medizinischer Führung wurde in der jüngeren Vergangenheit immer lauter, da die Gesundheitssysteme mit regelmäßigen Reformen, begrenzten Ressourcen und gleichzeitig erhöhter Nachfrage zu kämpfen haben. Die beispiellose COVID-19-Krise enthüllte auf eine unerwartete und deutliche Weise die Notwendigkeit einer professionellen und effizienten medizinischen Führung in den Krankenhäusern. Angesichts des massenweise Anfalls von hochgradig infektiösen und teilweise terminal erkrankten Patienten in einigen Ländern wurde deutlich, dass Krankenhäuser, die in der Vergangenheit vorwiegend ökonomische Interessen bedienten und in denen nicht Ärzte sondern Juristen oder Betriebswirte wesentlich die Strategie bestimmten, weniger leistungsfähig waren als Häuser mit einer medizinisch orientierten Führung.
Neue Herausforderungen erfordern robuste Führungs- und Managementwerkzeuge, um gute und reproduzierbare Ergebnisse zu erreichen, die die maximale Sicherheit für die Patienten und das Personal gewährleisten. Trotz der zunehmenden Bürokratie und des Einflusses der nicht-medizinischen Krankenhausverwaltung werden Ärzte in der Regel für alle klinischen Ergebnisse in vollem Umfang verantwortlich gemacht. Allein diese Verantwortung sollte schon ausreichen, die medizinischen Leistungserbringer zur vermehrten Übernahme von Führungsrollen in Krankenhäusern anzuregen.
Geradliniges Medizinmanagement führt zu exzellenter Gesundheitsversorgung
Es besteht Konsens darüber, dass hervorragende klinische Kompetenzen von Ärzten/innen und Pflegen maßgeblich, aber nicht ausschließlich für gute klinische Ergebnisse eines Krankenhauses ursächlich sind. Die Qualität der Interaktionen und der Leistung aller unterstützenden Prozesse und Mikrosysteme bestimmen ebenfalls die Leistung und Qualität im Krankenhaus.
Die Gesundheitssysteme sind weltweit aufgrund der Verflechtung von interprofessionellen Interaktionen und Abhängigkeiten grundsätzlich hochkomplex. Daher sollten medizinische Experten die Gestaltung der Infrastruktur, Prozesse, Kommunikation, Führung, Partnerschaften und Verwaltung der Krankenhäuser maßgeblich beeinflussen. Studien zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen dem Grad des medizinischen Wissens der Krankenhausführung und dem medizinischen und sogar wirtschaftlichen Ergebnis des Krankenhauses.
Krankenhäuser sind sehr unsicher
Da unerwünschte Ereignisse und iatrogene Fehler zu den Top 10 der Todesursache im Krankenhaus nach Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören, sollte die Sicherheit im Krankenhaus das Hauptanliegen jedes Krankenhauses sein. Jährlich werden 134 Mio. unerwünschte Ereignisse aus Krankenhäusern in Schwellenländern gemeldet. Weltweit besteht eine Schadenswahrscheinlichkeit von 1/300 im Gesundheitswesen im Vergleich zu einem Verhältnis von 1/1.000.000 in der Luftfahrt, was unstrittig auf die Notwendigkeit hinweist, die Sicherheit in Krankenhäusern zu verbessern.
Krankenhaussicherheit nicht nur für die Patienten
Darüber hinaus sollte die Krankenhaussicherheit nicht auf die Patientenperspektive beschränkt werden, sondern auch die Karriere und Gesundheit der Mitarbeiter umfassen. In der COVID-19 Pandemie stehen die Beschäftigten im Gesundheitswesen an vorderster Front und stellen damit den großten Anteil der Bevölkerung, die durch diese Krankheit von Tod und Infektion bedroht sind. Natürlich waren die Angehörigen der Gesundheitsberufe seit jeher Infektionsrisiken ausgesetzt, die Corona-Pandemie hat an dieses Risiko jedoch schonungslos erinnert.
Ärzte/innen und Gesundheitspfleger/innen üben ihren Beruf in der Regel mit großer Leidenschaft aus und fühlen sich ihren Patienten teilweise bis zur Selbstaufgabe verpflichtet. In kaum einer anderen Berufsgruppe findet sich ein so hohes Maß an Idealismus, der für eine vollumfängliche, hingebungsvolle Patientenversorgung Voraussetzung ist. Bedauerlicherweise ist es in vielen Kliniken immer noch üblich, eben diese engagierten Mitarbeiter/innen mit Kurzzeitverträgen und grenzwertig insuffizienter Vergütung auszustatten. Nach unserer Erfahrung sind Arbeitsverträge von mindestens 8 Jahren nicht nur ein Zeichen von Respekt für die Leistung des Fachpersonals sondern tragen auch zu einer existenziellen Sicherheit der Mitarbeiter/innen bei. Auf diese Weise können Ärzte/innen und Gesundheitspfleger/innen ohne Sorge vor einer drohenden Arbeitslosigkeit oder wiederkehrenden Arbeitsplatzwechseln sich ganz der Patientenversorgung widmen. Es ist heute schon fast ein Gemeinplatz, festzuhalten, dass eine geringe Personalfluktuation erheblich zu einem besseren medizinischen und ökonomischen Ergebnis des Krankenhauses beiträgt.
Medizinische Fachkräfte in Führungspositionen
Medizinische Fachkräfte sollten Führungspositionen in den Krankenhäusern bekleiden und sich zumindest auf Augenhöhe mit nicht-medizinischen Führungskräften befinden. Leider waren Ärzte in der Vergangenheit ambivalent, wenn es darum ging, eine Führungsrolle in Krankenhäusern einzunehmen. Dies hat im Laufe der Zeit zu einer erheblichen Erosion des Einflusses der Ärzte auf den Krankenhausbetrieb geführt. Diese Ambivalenz von Ärzten lässt sich möglicherweise auf folgende Ursachen zurückführen:
1. Gefühl der Entrechtung
2. Mangel an geeigneten Instrumenten und Wissen über systematische Führung
3. Keine Zeit für die Teilnahme an generischen Managementkursen, in denen allgemeines Managementwissen gelehrt wird.
4. Höhere Vergütung als Arzt im Vergleich zur Krankenhausverwaltung
5. Besserer Status in der Gesellschaft von Ärzten im Vergleich zu Managern
6. Grundsätzlicher Argwohn gegenüber der Krankenhausverwaltung
Unterstützung von Ärzten und Krankenschwestern in Führungspositionen
Einerseits ist es offensichtlich, dass Ärzte/innen und Krankenpfleger/innen einen praktischen und spezifisch für die Arbeit im Krankenhaus ausgerichteten Rahmen für ihre Aufgaben in Management und Führung benötigen. Diese Richtschnur wird jedoch weder im Medizinstudium noch in der Krankenpflegeausbildung gelehrt. Dabei würde eine betriebswirtschaftliche Grundausbildung die Wissenslücke zwischen medizinischem Fachpersonal und der nicht-medizinischen Krankenhausverwaltung schließen. Auf der anderen Seite sollten nicht-medizinische Führungskräfte wie Juristen und Ökonomen mit einer klinischen, aber dennoch geschäftsorientierten Perspektive auf das Krankenhaus ausgestattet werden.
Das Hannover-Medical.Management Manual
Hannover-Medical.Management bietet mit dem Management-Handbuch einen Rahmen für medizinisches Management und Führung in Krankenhäusern an, das ein vier Kurse umfassendes Curriculum für medizinisches Fachpersonal enthält. Sofort anwendbare Management-Werkzeuge helfen, die grundlegeneden Aufgaben in Organisation und Führung zuverlässig und effizient zu erfüllen.
In den letzten 15 Jahren haben wir vier relevante Managementbereiche für Ärzte/innen, Krankenschwestern/pfleger und Krankenhausmanager/innen identifiziert:
Erstens stellten wir fest, dass es notwendig ist, die Perspektive des Krankenhauses auf die wirtschaftlichen Ziele und Rahmenbedingungen ganzheitlich zu verstehen. Nur so können die medizinische und wirtschaftliche Strategie des Krankenhauses aufeinander abgestimmt werden, was letztlich eine Voraussetzung ist, um in beiden Bereichen langfristig Erfolg zu haben.
Zweitens führt ein schlankes Management auch im Gesundheitswesen zu einer besseren Arbeitszufriedenheit und – wiederum – zu besseren Ergebnissen.
Drittens ist die Kenntnis grundlegender Prinzipien der Betriebswirtschaftslehre notwendig, um die Krankenhausökonomie zu verstehen.
Viertens verbessern effiziente Management- und Führungstechniken die Work-Life-Balance von medizinischem Personal und liefern einen signifikanten Schub für die Karriere der Leistungserbringer.